Der inzwischen emittierte Erzbischof von Wien, Kardinal Christoph Schönborn, erhielt einen Stern am Himmel der Synagoge in der Seitenstettengasse. Dies ist ein Dank der jüdischen Gemeinde Wiens für seine Arbeit, Verdienste und seine Rolle als Brückenbauer und Aufklärer.
WIEN. Es war ein Dienstagabend voller Premieren, wie der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) es ausdrückte. Noch nie war ein katholisches Oberhaupt bei einer Sitzung des Kultusvorstandes in der Synagoge anwesend. Und noch nie erhielt ein solcher Vertreter der Kirche einen Stern im Stadttempel gewidmet.
Dieser Stern am blauen Himmel des Stadttempels wird künftig den Namen Kardinal Christoph Schönborn tragen. Dies stellt ein Zeichen der tiefen Anerkennung für das Wirken des ehemaligen Wiener Erzbischofs dar, so die einhellige Meinung aller Verantwortlichen. Auch der Geehrte selbst zeigte sich sichtlich bewegt von diesem Akt.
„Brückenbauer“
Schönborn war seit September 1995 im Amt und schied Ende Januar aus diesem aus. „Mit dem Abschied von Kardinal Schönborn als Wiener Erzbischof endet eine Ära. Doch zugleich beginnt für ihn ein neuer Lebensabschnitt, dem wir alles Gute wünschen“, würdigte IKG-Präsident Oskar Deutsch. Schönborn habe sich insbesondere als Brückenbauer, Vermittler und Aufklärer um die jüdische Gemeinde verdient gemacht. Dies sei etwas, was von jedem katholischen Oberhaupt in Europa nicht immer zu erwarten sei, so Deutsch.
Über drei Jahrzehnte förderte der Kardinal den Dialog, das Zusammenleben und das Verständnis. „Er ist und war ein felsenfester Freund, der vor dem aktuellen Antisemitismus gewarnt und Initiativen ergriffen hat, insbesondere nach dem Terrorangriff durch die Hamas. Wir würdigen ihn für seine Verdienste und seine Verbundenheit mit dem Judentum“, so der IKG-Präsident.
Dunkle Flecken aufarbeiten
Es waren jedoch nicht nur die offiziellen Bekenntnisse, sondern auch die kleinen, zwischenmenschlichen Gesten, die in der jüdischen Gemeinde starken Eindruck hinterließen. Der Kardinal übermittelte regelmäßig Briefe und Grußbotschaften, besonders zu Feiertagen. Dies war ein Zeichen für sein tatsächliches Engagement für die Gemeinde.
Schönborn machte sich zudem nicht nur als Vermittler und Förderer einen Namen, sondern auch als Aufklärer. Sein theologisches Schaffen setzte sich stets mit der katholischen Vergangenheit auseinander. „Er hat immer zur Aufarbeitung der Verfolgung von Jüdinnen und Juden durch die katholische Kirche und des Antisemitismus in Wien beigetragen“, so Deutsch.
Oberrabbiner Jaron Engelmayer verwies dabei auf die Zehn Gebote, die in beiden Religionen eine bedeutende Rolle spielen: „Der Kardinal hat immer betont, dass das Christentum seine Wurzeln im Judentum hat. Sein Einsatz erforderte nicht nur viel Einsicht und Weisheit, sondern auch großes Herz, und er agierte stets mit viel Einsatz.“
Verständigung als Prämisse
Schönborn selbst bezeichnete den Moment als „sehr bewegend“. „Es ist etwas sehr Besonderes, hier zu stehen.“ Seine theologische Arbeit verfolgte stets das Ziel, die Zerwürfnisse mit dem Judentum zu analysieren und zu überwinden, und dem überholten Glauben entgegenzutreten, dass das Judentum verdrängt und unterworfen werden müsse. Diese Denkweise, bekannt als Substitutionstheorie, führte in der Vergangenheit auch zu antisemitischen Entscheidungen und Taten innerhalb der Kirche.
„Ein Ansatz, den es stets zu falsifizieren gilt“, betont Schönborn. Es geht nicht nur um die Wurzeln einer Vergangenheit, sondern um die Verwurzelung von etwas Bestehendem. „Die kopernikanische Wende macht nicht alles gut, was in den letzten 2.000 Jahren geschehen ist, aber sie eröffnet zumindest neue Perspektiven.“ Diese Aufarbeitung der dunklen Flecken in der katholischen Geschichte war stets sein „großes theologisches Anliegen“. „Dass hier ein Stern mit meinem Namen in der Synagoge ist, berührt mich daher besonders und zutiefst.“
Frage der Nachfolge
Auf die Frage von MeinBezirk, welche wesentlichen Eigenschaften ein potenzieller Nachfolger haben sollte, um diese Versöhnung fortzuführen, stellte Schönborn klar: „Ich würde an diesem besonderen Ort sagen, es braucht einen Menschen. Einfach einen echten Menschen. Das wünsche ich mir.“
Auch IKG-Präsident Deutsch äußerte sich zuversichtlich: „Ich würde nicht wagen, dem Kardinal zu widersprechen. Aber wenn der nächste Erzbischof ähnlich sein wird wie Kardinal König oder Kardinal Schönborn, dann wird die jüdische Gemeinde sicherlich sehr zufrieden sein.“
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