„Ein Drama um Graz“: Ziviltechniker äußern scharfe Kritik am A9-Ausbau


Was braucht es für eine nachhaltig funktionierende Mobilität in der steirischen Landeshauptstadt Graz? Im zweiten Teil der Serie „Verkehrszukunft Graz“ äußern die Ziviltechniker Andreas Brandner und Markus Freiwein starke Kritik an den Plänen zur Verbreiterung der Autobahn A9 und schlagen alternative Maßnahmen vor, um die Verkehrsproblematik in der Region anzugehen.

STEIERMARK. Die Region südlich von Graz sieht sich zunehmend mit Verkehrsstörungen konfrontiert. Insbesondere während der Stoßzeiten leiden Pendler auf der Pyhrn Autobahn A9 unter massiven Staus, was auch die umliegenden Gemeinden belastet. Die geplante Erweiterung um jeweils eine zusätzliche Fahrspur pro Richtung soll in der Erwartung umgesetzt werden, die Verkehrssituation zu verbessern, wie es sich die neue blau-schwarze Landesregierung zum Ziel gesetzt hat. Doch die kritische Frage bleibt: Welche Auswirkungen hat dies auf Graz? Die Zufahrtsrouten zur Stadt und die Lebensqualität der Anwohner sind bereits jetzt stark beeinträchtigt.

Die Probleme der A9 nur „zeitlich verschoben“

Andreas Brandner, der Vorsitzende der Bundesfachgruppe Bauwesen der Bundeskammer der Ziviltechniker:innen, hebt hervor, dass die bloße Verbreiterung der Autobahn nicht ausreicht: „Ein Autobahn-Ausbau alleine löst das Problem nicht, wenn es in der Stadt keinen Platz oder Parkmöglichkeiten für die Autos gibt.“ Er argumentiert, dass eine Vergrößerung der Fahrbahn nur zu einer Erhöhung des Individualverkehrs führen wird, was die Situation möglicherweise verschlimmert. „Die Katze beißt sich in den Schwanz, und das Problem wird lediglich zeitlich verschoben,“ erklärt der Experte.

Brandners schlägt stattdessen vor, das öffentliche Verkehrsnetz zu verdichten: „Es wäre sinnvoller, entlang der gesamten Bahnstrecke von der slowenischen Grenze bis Graz Park-and-Ride-Angebote zu schaffen, statt das Problem in die Stadt zu verlagern.“ Dies würde nicht nur den Verkehr entlasten, sondern auch umweltfreundlichere Alternativen fördern.

Andreas Brandner, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Bauwesen der Bundeskammer der Ziviltechniker:innen.

Markus Frewein, ein weiterer Verkehrsplaner, äußert sich deutlich kritischer zu den Ausbauplänen für die A9. „Das wäre ein Drama für die Grazer und ihre Lebensqualität,“ betont er. Zudem stellt er die enormen Kosten von mehreren hundert Millionen Euro in Frage, die aus Steuergeldern aufgebracht werden müssten. „Im Sinne des sinnvollen Ressourceneinsatzes sehe ich keine Notwendigkeit für so eine Maßnahme,“ erklärt Frewein.

Innovative Ansätze für den Lkw-Verkehr

Ein massives Verbesserungspotenzial liegt laut Frewein darin, dass häufig nur eine Person im Auto sitzt. „Wenn der Verkehrsteilnehmer jeder zehnten Autos einen Mitfahrer hätte, könnte die aktuelle Überlastung effektiv bekämpft werden.“ Er betont die Notwendigkeit einer Vielzahl kleinerer Ansatzpunkte, um nachhaltig positive Effekte zu erzielen. „Politik kann Verantwortung fordern und sollte nicht nur Bequemlichkeit fördern,“ ist Frewein überzeugt.

Eine weitere innovative Lösung sieht Frewein in einem Slot-Management für den Lkw-Verkehr. „Ähnlich wie bei Flugzeugen an Flughäfen könnte man feste Zeiten für Schwerlasttransporte etablieren,“ schlägt er vor. Sollte diese Maßnahme nicht erfolgreich sein, könnte man immer noch zu einer kostspieligen Erweiterung greifen. „Lasst uns erst die sanfteren Mittel nutzen, die vielleicht nur einen Bruchteil der Kosten verursachen und nicht gleich die Lebensqualität der Stadtbewohner aufs Spiel setzen,“ resümiert Frewein.

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