Elmar Goerden bringt „Das Vermächtnis“ auf die Bühne – Ein unvergessliches Erlebnis!


„Wir sind seit Mitte November zusammen – alle Schauspieler haben sich ausdrücklich zu diesem Stück und zu dieser Art der intensiven Zusammenarbeit bekannt“, erläutert Elmar Goerden im Gespräch mit der APA. Der Regisseur möchte dabei bewusst auf eine korrekte Genderung verzichten, da das Ensemble aus elf Männern besteht, die insgesamt 25 Rollen verkörpern. Lediglich Andrea Jonasson als Margaret hat einen bedeutenden Schlussauftritt. Das Stück, das 2018 in London uraufgeführt wurde und seither mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, beschäftigt sich mit dem Leben von schwulen Männern in New York City über drei Generationen. Setzt es sich kritisch mit den politischen Veränderungen zwischen den Präsidentschaften von Barack Obama und Donald Trump auseinander und beleuchtet dabei die verheerenden Auswirkungen der AIDS-Krise in den 1980er-Jahren.

In vielerlei Hinsicht erinnert „Das Vermächtnis“ an das zweiteilige Drama „Angels in America“ von Tony Kushner, das zwischen 1991 und 1992 entstand. Während „Angels in America“ AIDS und die Präsidentschaft Ronald Reagans thematisiert, bringt „Das Vermächtnis“ einen neuen Erzählansatz mit. Goerden beschreibt, „Wenn ‚Angels in America‘ ein Zimmer ist, dann ist ‚Das Vermächtnis‘ ein Haus.“ López hat einen anderen Erzählstil, mit dem er die Geschichte einer Generation erzählt, die sowohl persönliche Gefühle als auch politische und historische Herausforderungen umfasst. Durch das cineastische Erzählformat gelingt es ihm, eine breite Palette an Themen und Charakteren zu erfassen, was dem Zuschauer eine tiefere Einsicht in die Materie bietet.

Während seiner Arbeit mit den Schauspielern stellte Goerden fest, dass die Wahrnehmung der Vergangenheit sehr unterschiedlich ist. „Von unserem Team hat nur noch Marcello de Nardo, der in den USA lebte, ähnlich traumatisch wie ich erlebt, wie AIDS eine ganze Generation schwuler Männer betroffen hat. Für viele meiner jungen Kollegen ist das nur ein Kapitel Geschichte, und dieses Stück bietet ihnen die Möglichkeit, mehr darüber zu erfahren,“ erklärt er.

Die gegenwärtige gesundheitliche Prognose ist zwar besser, politisch betrachtet jedoch alarmierender. Goerden betont: „Dieser konservative Backlash ist uns sehr bewusst und hat während der Proben immer wieder zu heftigen Diskussionen geführt. Angesichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen Herausforderungen gibt es keinen besseren Zeitpunkt für dieses Stück als heute. Wir haben das Gefühl, dass wir etwas Sinnvolles tun. Jede Probe beginnt mit einem Gespräch – manchmal kommen wir kaum zum Spielen!“ Trotz der Erosion von Minderheitenrechten weltweit, präsentiert „Das Vermächtnis“ das schwule Leben als das Normalste der Welt, einschließlich Nacktheit und ungeschönter Sprache.

Wie das Publikum des Theaters in der Josefstadt auf dieses Werk reagieren wird, bleibt abzuwarten. „In Städten wie Berlin, München oder Hamburg ist dieses Stück kein Risiko. Im Theater in der Josefstadt jedoch, wird es als solches wahrgenommen. Ich werde jedoch keine Zensur ausüben,“ sagt Goerden schmunzelnd. Der Regisseur hat bereits elf Inszenierungen in diesem Haus vorgenommen und hegt eine gewisse Neugierde auf die Reaktionen des Publikums.

Ein weiterer Aspekt ist der Druck, unter dem der Theaterleiter Herbert Föttinger steht, aufgrund von Vorwürfen über autoritäre Führungsstile. Darüber sagt Goerden: „Ich habe von den öffentlich gewordenen Vorwürfen nichts bemerkt, bin jedoch auch als privilegierter Gast hier. Ich habe meine Arbeit immer im Fokus gehabt und strebe einen angstfreien Raum für Proben an.“

Was bleibt nach vier intensiven Monaten der Arbeit an „Das Vermächtnis“? Goerden hofft auf eine eindrucksvolle Aufführung, die an Wochentagen in zwei Teilen und am Wochenende als Doppelvorstellung dargeboten wird. „Die Schauspieler haben gelernt, ihre gesamte emotionalen Bandbreite zu entdecken, auch solche Aspekte, die normalerweise Frauen zugeschrieben werden. Diese Auseinandersetzung mit den inneren Konflikten hat die Atmosphäre in unserem Proberaum nachhaltig verändert,“ fügt er hinzu.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Das Vermächtnis“ nicht nur eine tiefgehende Auseinandersetzung mit schwuler Geschichte und Identität darstellt, sondern auch einen notwendigen Kommentar zu den aktuellen politischen Herausforderungen liefert. In Zeiten wachsender Diskriminierung erscheint dieses Stück als ein wichtiges und relevantes Erlebnis für das Publikum.

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