Die Entwicklung der Grazer Innenstadt ist ein heiß diskutiertes Thema. Einerseits wandern etablierte Geschäfte ab, während auf der anderen Seite leere Ladenflächen ein zunehmendes Problem darstellen. Gleichzeitig verändern klimafreundliche Umbauten das Stadtbild, was in der Handelsbranche auf Unverständnis stößt, insbesondere durch die Reduzierung von Parkplätzen. Graz ist hierbei nicht allein; viele europäische Städte kämpfen mit ähnlichen Herausforderungen. Innenstadt-Expertin Ricarda Pätzold erläutert, was es braucht, um die Innenstadt lebendig zu halten, welche positiven Aspekte die „Aperol-Kultur“ mit sich bringt und wo Graz sich inspirieren lassen könnte.
Die aktuelle Lage in Graz
In Graz steht das Thema Innenstadt im Fokus: Das Schließen bekannter Geschäfte wie „H&M“ und das traditionsreiche Café Sacher haben für Aufregung gesorgt. Vertreter des Handels zeigen sich besorgt über die Zukunft der Innenstädte. Um herauszufinden, wie es um Graz wirklich steht und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, wurde Innenstadt-Expertin Ricarda Pätzold vom „Deutschen Institut für Urbanistik“ zum Interview eingeladen.
Die Schlüssel zu einer lebendigen Innenstadt
Pätzold betont, dass viele Städte mit einer Überkapazität an Verkaufsflächen zu kämpfen haben. Der Trend geht in Richtung kleinerer Verkaufsräume im Stadtzentrum, die oft von großen Filialen am Stadtrand oder Online-Shops ergänzt werden. Sie fügt hinzu: „Die Innenstadt darf nicht nur auf den Einzelhandel reduziert werden.“ Für eine belebte Innenstadt sei es entscheidend, dass die alltäglichen Wege der Bürgerinnen und Bürger durch das Zentrum führen. Dies erfordere eine Mischung aus Gastronomie, Bildungsangeboten und Freizeitmöglichkeiten. Pätzold hebt hervor, dass die Grazer die Möglichkeit schätzen, ihre Abende bei einem Aperol Spritz in geselliger Runde zu verbringen – eine wichtige Möglichkeit für die Belebung der Stadt.
Die Parkplatzproblematik
Ein emotionales Thema ist die Erreichbarkeit der Innenstadt. Während die Handelsvertreter auf mehr Parkplätze pochen, reduziert die Stadt diese. Pätzold erklärt, dass Studien zeigen, dass Parkplätze vor Geschäften nicht immer nötig sind und sogar negative Auswirkungen haben können, da sie die Sicht auf Schaufenster blockieren. Zudem plädiert sie für eine bessere Planung von Verkehrsanbindungen aus den Außenbezirken, darunter Parkleitsysteme, um den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu erleichtern.
Inspirationsquellen aus Europa
Pätzold nennt mehrere innovative Ansätze aus anderen europäischen Städten, die Graz als Vorbild dienen könnten:
- Lissabon: Hier werden historische Handwerksbetriebe gefördert, um Arbeitsplätze in der Innenstadt zu erhalten.
- Lübeck: Ein ehemaliges Karstadt-Gebäude wird in ein Schulgebäude umgebaut, was langfristig zur Belebung des Stadtzentrums beiträgt.
- Bremen: Ein Innenstadtkurator kümmert sich um die harmonische Entwicklung des Stadtbildes.
- Bozen: Hier ist die Innenstadt größtenteils nur für Anwohner befahrbar; Besucher nutzen Parkgaragen außerhalb der zentralen Zone.
Die Aufrechterhaltung der Innenstädte erfordert sowohl Initiativen von der Stadtverwaltung als auch das Engagement der Bürger und Unternehmer. „Es ist wichtig, dass wir die positive Atmosphäre in der Stadt fördern und gemeinsam an Lösungen arbeiten“, schließt Pätzold.
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