Im fünften Teil der Serie „Verkehrszukunft Graz“ werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen und Chancen des Fuß- und Radverkehrs in der steirischen Hauptstadt. Zwei entscheidende Faktoren, die die Nutzung von Fuß- und Radwegen beeinflussen, sind Zeitersparnis und Sicherheit. Besonders die gemeinsamen Geh- und Radwege führen häufig zu Konflikten, deren Lösungen ausreichend Platz erfordern.
GRAZ. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, besonders wenn es um unsere täglichen Wege geht. Mobilitätsforscherin Anne Klein-Hitpaß vom Deutschen Institut für Urbanistik stellt fest: „Wir überlegen nicht jeden Morgen neu, wie wir ins Büro fahren, sondern wir setzen uns aufs Fahrrad, ins Auto oder in den Bus.“ Aktuell werden laut der letzten städtischen Erhebung rund 40 Prozent aller Wege in Graz zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt. Die Stadt hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, diesen Wert bis 2040 erheblich zu steigern.
Um mehr Menschen dazu zu bewegen, vom Auto auf das Fahrrad oder den Fußweg umzusteigen, sind erhebliche Anstrengungen erforderlich. Neben der vorhandenen Infrastruktur sind Zeit und subjektive Sicherheit entscheidende Faktoren. Klein-Hitpaß erklärt: „Menschen fahren mit dem Rad, wenn es schneller ist, nicht weil sie Umweltschützer sind.“
Ein meningkatkan Sicherheitsgefühl ist von größter Bedeutung. Dunkle, unübersichtliche Wege und schlecht markierte Radstreifen können potenzielle Radfahrer abschrecken. „Wir benötigen eine Infrastruktur, die Fehler verzeiht und Unfälle nicht sofort nach sich zieht“, betont die Expertin. Zudem müssen Fußwege ausreichende Quermöglichkeiten, Sitzmöglichkeiten für Menschen mit eingeschränkter Mobilität und Müllbehälter bieten.
Großer Tempounterschied
Ein zentrales Problem liegt in der häufigen Nutzung gemeinsamer Flächen für Fußgänger und Radfahrer, beispielsweise im Augarten oder in der Conrad-von-Hötzendorf-Straße. Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten – Fußgänger (ca. 5 km/h), Radfahrer (ca. 20 km/h) sowie E-Roller und E-Biker (bis zu 25 km/h) – führen häufig zu Konflikten. Klein-Hitpaß fordert eine klare Trennung der Verkehrsteilnehmer, auch wenn dies häufig durch Platzmangel erschwert wird.
Ein weiterer oft übersehener Aspekt ist die Notwendigkeit, den Weg zu öffentlichen Verkehrsmitteln sicher und bequem zu gestalten. Wer einfache Zugänge hat, wird künftig eher auf das eigene Auto verzichten. Sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sind ebenfalls entscheidend: „Wenn die Angst vor Diebstahl besteht, lassen viele ihr Fahrrad lieber stehen“, erklärt Klein-Hitpaß.
Wie sich das Verkehrsverhalten ändern kann
Trotz der vielen erforderlichen Veränderungen sind unsere Mobilitätsgewohnheiten oft sehr beständig. Aber wie kann ein Umstieg gelingen? Forschung zeigt, dass große Lebensveränderungen, wie Umzüge oder neue Arbeitsplätze, häufig dazu führen, dass Menschen ihre Mobilitätsentscheidungen überdenken. Wenn sie dann auf eine funktionierende und sichere Infrastruktur treffen, sind sie eher bereit, das Fahrrad oder den Fußweg zu wählen.
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