Das Vertrauen in seine bahnbrechenden Theorien und die Entschlossenheit, gegen den Mainstream zu arbeiten, betonte Anton Zeilinger während einer Pressekonferenz anlässlich der Verleihung des Physik-Nobelpreises. Diesen erhielt er zusammen mit Alain Aspect aus Frankreich und John Clauser aus den USA „für Experimente mit verschränkten Photonen, den Nachweis der Verletzung der Bellschen Ungleichungen und wegweisende Arbeiten in der Quanteninformationswissenschaft“. Zeilinger nahm sich zudem die Zeit, den „österreichischen Steuerzahlern“ zu danken, die ihm die Durchführung seiner Forschungen ermöglichten.
Zeilinger hat seine Untersuchungen stets an den Schnittstellen des aktuellen Wissens betrieben und dabei wegweisende Beiträge zur Quantenphysik geleistet. In einem Interview mit der APA zu seinem Geburtstag äußerte er Gedanken zu seiner Forschung, die von manchen als skurril angesehen werden könnten. Er begann mit der Frage, warum es überhaupt die Quantenphysik gibt, und thematisierte die Unfähigkeit dieser Disziplin, die Realität umfassend zu beschreiben. Seiner Meinung nach ist sogar die Struktur von Logik und Sprache bei tiefgehender Betrachtung quantisiert.
Zeilinger ist sich der philosophischen Dimension seiner Arbeit bewusst. „Jede gute Physik kann Philosophie nicht vermeiden“, stellt er fest. Die Ergebnisse dieser „Spinnereien“ könnten potenziell weitreichende Implikationen für die Zukunft haben. Sein auffälliges Äußeres – ein ergrauter Bart und lockige Haare – trugen dazu bei, ihn zum Publikumsliebling und zu einem gefeierten Medienstar zu machen. Er wurde unter anderem mit Titeln wie „Mr. Beam“, „Quantenpapst“ und „Popstar der Naturwissenschaft“ geehrt.
Seine Popularität ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass er den direkten Dialog mit der Öffentlichkeit nicht scheute. Zeilinger erklärte dem Dalai Lama die Quantenwelt, diskutierte mit Nobelpreisträgern über den Sinn des Lebens und präsentierte die Prinzipien der Quantenphysik auf der documenta in Kassel. „Wer sich für Naturwissenschaften interessiert, wird sicher ein interessantes Leben haben“, ermutigte er bei der Vorstellung eines PIXI-Buchs für Schulanfänger, in dem er die Hauptfigur verkörperte.
Geboren am 20. Mai 1945 in Ried im Innkreis (Oberösterreich) war er in seiner Schulzeit ein „Außenseiter“, fand jedoch Gleichgesinnte mit besonderen Interessen. Inspiriert von einem Lehrer, begann er 1963 sein Physikstudium an der Universität Wien, jedoch ohne jemals eine Vorlesung zur Quantenphysik besucht zu haben. Er eignete sich dieses Wissen autodidaktisch an und war sofort von der „unglaublich schönen Mathematik“ fasziniert, die dieser Disziplin zugrunde liegt.
„Wenn man fragt, was das alles bedeutet, bekommt man das Gefühl, dass da etwas Interessantes verborgen sein muss“, bemerkte er einmal. Zeilinger hatte das Glück, seine Doktorarbeit unter dem renommierten Helmut Rauch zu schreiben, dem Pionier der Quantenoptik in Österreich. Seine Forschungen mit Neutronen führten zu Erkenntnissen über die Welleneigenschaften von nicht nur Lichtteilchen, sondern auch massiven Teilchen, was seine weitere Laufbahn in der Quantenphysik entscheidend prägte.
Nach der Promotion 1971 blieb Zeilinger als Assistent bei Rauch und erhielt während dieser Zeit erste Forschungsaufenthalte, unter anderem am MIT. Dort diskutierte er mit Physikern über das Phänomen der Verschränkung, wo zwei Teilchen über große Distanz stark miteinander verbunden sind – eine Grundlage, die zu seiner späteren erfolgreichsten Forschung führte. Zeilinger entwickelte das Konzept des „GHZ-Zustandes“, eine spezielle Form der Verschränkung von drei Teilchen, was als eine seiner bedeutendsten wissenschaftlichen Leistungen gilt.
- 1971: Promotion bei Helmut Rauch.
- 1986: Beschreibung des „GHZ-Zustands“ mit Greenberger und Horne.
- 1997: Erster Nachweis der Teleportation von Lichtteilchen.
- 1999: Erstes Experiment mit quantenkryptographischen Geldüberweisungen.
Ab 1983 war Zeilinger an der Technischen Universität Wien tätig, bevor er 1990 als Professor an die Universität Innsbruck berufen wurde. Dort legte er den Grundstein für die heutige Weltspitze in der österreichischen Quantenphysik. 1999 übernahm er die Leitung des Instituts für Experimentalphysik an der Universität Wien, agierte als Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften von 2013 bis 2022 und gründete zusammen mit insitutionellen Kollegen das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation.
Seine experimentelle Herangehensweise und seine Fähigkeit, grundlegende Fragen zur Quantenphysik zu behandeln, führten zu einer Fülle von bedeutenden Ergebnissen. Zeilinger ist auch bekannt für seine Aufgaben in der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft. Er kämpfte für die Etablierung des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) und arbeitete an der Gründung der Internationalen Akademie Traunkirchen.
Sein Engagement erstreckt sich auch auf die Förderung junger Talente und die Verbreitung von Wissenschaft. Für seine vielen Verdienste wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Wolf-Preis und der King Faisal Preis. Zum 70. Geburtstag zeigten ihm die Akademische Welt und viele Institutsmitarbeiter ihre Anerkennung.
Zeilinger feiert seinen Geburtstag in familiärer Umgebung und wird mit einem wissenschaftlichen Symposium zum Thema „Grenzen unseres Wissens“ geehrt. Die öffentliche Abendveranstaltung wird am 23. Mai mit einer Festrede des deutschen Psychologen Gerhard Gigerenzer stattfinden. Insgesamt bleibt Zeilinger eine der einflussreichsten Figuren in der Quantenphysik, dessen Arbeiten die Grenzen des Wissens ständig erweitern.