Der gefährliche Abrieb von Reifen, Bremsen und Fahrbahnbelägen wird bisher nur unzureichend quantifiziert und analysiert. Im Rahmen des Leadprojekts NExT arbeiten Forscher der TU Graz an präzisen Analysemethoden und realistischen Testverfahren, um diese Herausforderung anzugehen.
GRAZ. Abriebpartikel von Reifen, Bremsen und Fahrbahnen sind mittlerweile Hauptursache für die verkehrsbedingte Feinstaub- und Mikroplastikbelastung. Mit der Einführung strengerer EU-Luftgütegrenzwerte im Jahr 2030 wird eine Reduktion dieser Abrieb-Emissionen unerlässlich sein, um die neuen Standards einhalten zu können.
Im neuen Leadprojekt „NExT – Non-Exhaust Emission Topics“ erforschen die Wissenschaftler der TU Graz die Grundlagen für die Bewertung und Reduzierung dieser Abrieb-Emissionen. In den kommenden drei Jahren werden interdisziplinäre Teams aus fünf Instituten unter der Leitung von Cornelia Lex und Stefan Hausberger die Entstehungsmechanismen von Abriebpartikeln in Reifen, Bremsen, Fahrbahnen und Schienen untersuchen. Ziel ist die Entwicklung realistischer Testmethoden sowie technischer Lösungen zur Emissionsminderung.
Ein entscheidender Schritt zur Emissionsreduktion
Die TU Graz unterstützt das Projekt mit fast 1,9 Millionen Euro, und insgesamt werden 25 Forschende sowie sechs Labor- und Prüfstandsmitarbeitende daran beteiligt sein. „Die Leadprojekte sind stark verknüpft mit den Kompetenzfeldern der TU Graz, in denen multidisziplinäre Zusammenarbeit gefördert wird. Nachhaltige Mobilität steht dabei im Fokus unserer Forschungsanstrengungen“, erklärte Andrea Höglinger, Vizerektorin für Forschung der TU Graz.
„Die Erkenntnisse aus dem Leadprojekt NExT werden frischen Wind in die Grundlagenforschung bringen und zur weiteren Reduzierung verkehrsbedingter Emissionen beitragen.“
Andrea Höglinger, Vizerektorin für Forschung der TU Graz
Fehlende Standardverfahren derzeit ein Hindernis
Aktuell entwickeln die Forschenden Testmethoden, um sowohl feste als auch flüchtige Abrieb-Emissionen umfassend zu messen. Momentan existiert noch kein standardisiertes Verfahren zur Messung des Fahrbahnabriebs; der Reifenabrieb wird lediglich auf Basis des Gewichtsverlusts der Reifen im Verhältnis zur zurückgelegten Strecke geschätzt.
„Die gesundheitlich bedenklichen ultrafeinen Partikel werden hierbei nicht erfasst“, warnt die Co-Projektleiterin Cornelia Lex. „Es besteht die Gefahr, dass Hersteller ihre Produkte nur hinsichtlich des Masseverlustes optimieren, was jedoch gleichzeitig zu einer Erhöhung der ultrafeinen Abriebpartikel führen könnte.“
Entwicklung hochsensibler Messinstrumente
Um auch die feinsten Partikel bis zu einer Größe von 2,5 Nanometern messen und klassifizieren zu können, werden hochsensible Sensoren und Forschungsansätze entwickelt. Diese sollen die Anzahl, Größe, Morphologie und chemische Zusammensetzung der Abriebpartikel präzise bestimmen, was die Grundlage für effektive technische Lösungen zur Emissionsminderung bildet.
Die Messergebnisse müssen auf den realen Fahrbetrieb anwendbar sein. Dazu werden Simulationsmodelle entwickelt und mithilfe von Testfahrten validiert, wobei unterschiedliche Fahrstile und Straßenverhältnisse berücksichtigt werden. Der Schienenverkehr wird ebenfalls betrachtet, da er erheblich zu den Nicht-Abgasemissionen beiträgt.
Institute, die am Lead-Projekt NExT beteiligt sind:
- Institut für Thermodynamik und Nachhaltige Antriebssysteme
- Institut für Fahrzeugtechnik
- Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik
- Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik
- Institut für Betriebsfestigkeit und Schienenfahrzeugtechnik
Weitere Leadprojekte an der TU Graz
Die TU Graz fördert seit 2015 multidisziplinäre Leadprojekte durch Sonderfinanzierungen, um Spitzenniveaus in der Forschung auszubauen und die wissenschaftliche Profilbildung der Universität zu stärken.
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