Der „steirische herbst ’25“ trägt den provokativen Titel „Never Again Peace“ – eine bewusste Umkehrung des berühmten Antikriegs-Slogans, der in den 1930er Jahren geprägt wurde. Zwischen dem 18. September und dem 12. Oktober 2025 wird das interdisziplinäre Festival für zeitgenössische Kunst den fragilen Zustand des Friedens, sowohl in Europa als auch weltweit, unter die Lupe nehmen. Performances, Ausstellungen und Interventionen werden im Festivalzentrum „BAU“, einer ehemaligen Destillerie im Grazer Bezirk Gries, präsentiert.
GRAZ. Der steirische herbst wird dieses Jahr nicht nur Kunstliebhaber anziehen, sondern auch zum Nachdenken über die aktuelle geopolitische Lage anregen. Im Licht des laufenden Krieges in der Ukraine und anderer internationaler Konflikte schlägt das Festival mit „Never Again Peace“ einen alarmierenden Ton an. Der Titel ist inspiriert von Ernst Tollers Theaterstück „Nie wieder Friede“, das die Fragilität von Frieden thematisiert – ein Thema, das in der heutigen Welt erschreckend relevant bleibt.
Kritik auch an heimischer Politik
Wie schon Toller in den 1930ern stellt sich auch der steirische herbst 2025 die Frage: Was bleibt vom pazifistischen Versprechen angesichts all des Blutvergießens? Die Gegenwart wird von Krisen und kultureller Unsicherheit geprägt, die das historische „nie wieder“ bedrohen. Das Festival wird auch auf die innerpolitischen Trends in Österreich eingehen, insbesondere seit dem Wahlsieg der Freiheitlichen Partei, die zu budgetären Einschnitten in kulturellen Institutionen geführt haben. Themen wie Nationalismus, Bigotterie und migrationsfeindliche Politiken stehen auf der Agenda und werden als beunruhigende Entwicklungen thematisiert.
Über den steirischen herbst
Der steirische herbst ist ein seit 1968 jährlich stattfindendes Festival für zeitgenössische Kunst, das internationale Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es fördert künstlerische Arbeiten, die gesellschaftspolitische Themen ansprechen und öffentliche Debatten anregen. Das Festival wird in diesem Jahr von Ekaterina Degot, David Riff, Gábor Thury und Pieternel Vermoortel kuratiert, unterstützt von Beatrice Forchini, Tobias Ihl und Lukas Michelitsch sowie zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern.
Das vollständige Programm wird am 11. August veröffentlicht, und an diesem Tag beginnt auch der Online-Ticketverkauf.
www.steirischerherbst.at.
Festivalzentrum in der Destillerie Bauer
Das Festivalzentrum „BAU“, eine ehemalige Industriebau im Bezirk Gries, bietet einen symbolischen Raum für die Erzählungen von Flucht, Unterdrückung und dem Streben nach Freiheit. Dieser Bezirk hat eine hohe Migrantenpopulation, zeigt jedoch auch eine Neigung zu extremen politischen Ansichten. Das Festival möchte hier ein Forum schaffen, um die Spaltung und Widersprüche in der Gesellschaft zu reflektieren.
Eröffnungswochenende und Programm
Bereits vor dem offiziellen Beginn am 26. Juni wird Künstler Ahmet Öğüt eine symbolische Umbenennung des Grazer Freiheitsplatzes in „Freiheitsplatz“ vornehmen, um Passanten zum Nachdenken über die Bedeutung von Freiheit anzuregen. Zum Auftakt des Festivals am 18. September wird das Kollektiv LIGNA mit einer Audio-Performance die Besucher durch wichtige politische Systeme führen. Anschließend wird das Antikriegs-Ballett „Der grüne Tisch“ von 1932 in der Helmut List Halle aufgeführt, gefolgt von einer Performance von Ivo Dimchev.
Das Programm umfasst auch gesellschaftskritische Installationen, absurde Fiktion, und politische Debatten wie die „herbst Deathmatches“. Begleitend zum Festival gibt es einen Ö1-Podcast, der vertiefende Gespräche bietet.
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