Ein neuer Blick auf die öffentlichen Plätze in Wien – das bietet der sehbehinderte Journalist Dominic Schmid mit seinen eindrucksvollen Reportagen. Diesmal erkundet er den Margaretenplatz.
WIEN/MARGARETEN. Die Stadt aus einer einzigartigen Perspektive: In unserer Serie analysiert Dominic Schmid, ein stark sehbehinderter Journalist, die öffentlichen Orte Wiens. Dieses Mal führt ihn sein Weg zum Margaretenplatz: „Auf dem Weg dorthin kommen meine Begleiterin Elisabeth und ich unweigerlich am Margaretenhof vorbei,“ erläutert Schmid.
Der Margaretenhof, ein bedeutender Gemeindebau, wurde von den renommierten Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer zwischen 1884 und 1885 erbaut. Als ich vor dem schmiedeeisernen Tor stehe, das in den Hof zwischen den beiden Gebäuden führt, erklärt Elisabeth, dass beide Häuser zum Margaretenbau gehören. Hinter dem Tor erahne ich einen Baum, den ich mir gerne näher ansehen würde, doch das Tor bleibt verschlossen, als Zugang nur für die Bewohner gedacht.
Gerüstet mit meinem Blindenstock, berühre ich vorsichtig das kalte, gewölbte Eisen des Tores. Elisabeth hilft mir, die kunstvollen Verzierungen zu erkennen: eine Schnecke und eine Blume, deren Blätter und Staubbeutel ich ertasten kann.
Architektonische Vielfalt erleben
Wir stehen nun mit dem Rücken zum Margaretenplatz, und somit zur beeindruckenden Front des Margaretenbaus. Aus dieser Perspektive wirkt das Gebäude eher wie ein Schloss oder ein majestätisches Amtsgebäude. Es ist faszinierend, was Architekten der Zeit erreicht haben, um Wohnraum für die wachsende Bevölkerung Wiens zu schaffen.
Auf dem Weg überqueren wir eine Straße und stehen schließlich auf dem Margaretenplatz, der schmal und lang ist – beinahe wie ein Gehsteig. Sofort bemerke ich die Präsenz eines hohen Sockels mit einem Brunnen darauf. Leider ist der Sockel zu hoch, um ihn richtig zu erkunden. Im Winter ist der Brunnen zwar nicht in Betrieb, doch hätte sein plätscherndes Wasser diesen Ort lebendiger gemacht.
Kleine Geschäfte und ein Duft von Gebäck
Die Luft um uns herum ist kalt, während das Geräusch der vorbeifahrenden Autos meine Gedanken begleitet. Der Kopfsteinpflasterboden erweist sich als hinderlich, und als ich gegen ein niedriges Hindernis stoße, entdecke ich ein kleines Beet mit zwei stattlichen Bäumen.
Das Glück ist auf meiner Seite, denn der nahegelegene Gehsteig ist asphaltiert und somit gut begehbar. Während wir an kleinen Geschäften vorbeischlendern – einer verkauft Schmuck, der andere ist eine einladende Bäckerei – legt der köstliche Duft von frisch gebackenem Brot und Gebäck sich wie ein warmer Mantel über uns.
Im kleinen, gemütlichen Raum der Bäckerei entdecke ich wenig Sitzgelegenheiten, aber der verführerische Geruch von frisch gebrühtem Kaffee sorgt für sofortige Wärme und Behaglichkeit. Obwohl die Einrichtung unspektakulär ist, eint uns der Genuss des guten Geschmacks.
Ein charmanter Ort mit Potenzial
Trotz der kalten Winterluft kann ich mir sehr gut vorstellen, wie einladend der Margaretenplatz im Sommer ist, voll von Leben und Gesprächen. Auch wenn ich mich anstelle der malerischen Plätze Wiens an eine breite Straße erinnere, bleibt mir dieses Erlebnis des Margaretenplatzes doch lebhaft in Erinnerung – und vor allem der aromatische Geschichten über die Bäckerei bringen Freude in mein Herz.
Weitere Reportagen von Dominic Schmid:
- Mariahilfer Straße aus der Perspektive eines Sehbehinderten
- Robinson-Spielplatz aus der Perspektive eines Sehbehinderten
- Alterlaa aus der Perspektive eines Sehbehinderten
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