Die Kombination zweier wesentlicher Forschungsstränge im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) hat das Potenzial, bedeutende Fortschritte in der KI-Entwicklung zu ermöglichen. Der erste Strang, die „sub-symbolische KI“, befasst sich mit dem maschinellen Lernen. Dabei handelt es sich um Techniken, bei denen Algorithmen Daten analysieren und daraus lernen, wie etwa bei neuronalen Netzen oder fortgeschrittenen Modellen wie ChatGPT. Der zweite Strang, die „symbolische KI“, konzentriert sich auf den Umgang künstlicher Systeme mit Wissen und die Fähigkeit, Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Synthese dieser beiden Ansätze könnte sowohl die Verarbeitung großer Datenmengen als auch das Lernen im Sinne menschlicher Denkprozesse fördern.
Das übergeordnete Ziel ist die Entwicklung von Grundlagen für eine sogenannte Broad AI. Diese Art von KI soll höhere Problemlösungsfähigkeiten aufweisen und Ereignisse sowie Konzepte abstrahieren können. Durch die Bündelung nationaler Expertise besteht berechtigte Hoffnung, dass KI-Technologien flexibler werden und sich an verschiedene Herausforderungen und Umgebungen anpassen können. Folgende Anwendungen werden als besonders vielversprechend angesehen:
- Komplexe Reiseplanungen unter Berücksichtigung individueller Vorlieben und budgetärer Einschränkungen.
- Hilfe bei der ökologischen Renovierung von Wohnräumen, um Ressourcen zu schonen.
- Automatisierung von Verwaltungsprozessen in Unternehmen, um Effizienz zu steigern.
In diesem Zusammenhang erwähnt der KI-Experte Hochreiter, dass viele Länder und Forschungseinrichtungen weltweit nun ebenfalls versuchen, die Vorzüge von sub-symbolischer und symbolischer KI zu kombinieren. Allerdings hat Österreich bereits seit Jahren Vorarbeiten geleistet, um Forscher aus Institutionen wie der Technischen Universität in Wien, Graz, der Universität Klagenfurt sowie der Wirtschaftsuniversität Wien und dem Institute of Science and Technology Austria (ISTA) zusammenzubringen. Dieses Kooperationsmodell könnte dazu beitragen, einen technologischen Vorsprung in der KI-Forschung zu sichern.
Aktuell sind viele KI-Modelle auf spezifische Anwendungsgebiete wie Texterstellung, autonomes Fahren und Bildverarbeitung in der medizinischen Diagnostik fokussiert. Hochreiter stellt jedoch fest, dass diese Modelle in ihrer Funktionalität stark limitiert sind. KI-gestützte Chatbots, die auf großen Sprachmodellen (Large Language Models, LLM) basieren, können kein logisches Denken praktizieren und fehlen an einem realistischen Weltverständnis, was sie in vielen praktischen Anwendungen unzulänglich macht.
Beispielsweise kann ein autonomes Fahrzeug oft nicht entscheiden, ob es über ein leichtes Kunststoffstück fahren kann oder ob dies ein ernsthaftes Hindernis darstellt. Hier fehlt es an einem umfassenden Weltverständnis, was eine Herausforderung für die Entwicklung einer echten Broad AI darstellt. Hochreiter hebt hervor, dass eine „Broad AI“ in der Lage sein sollte, umfassendes Wissen zu besitzen und sich flexibel auf neue Situationen einzustellen, gleichwohl liegt das Ideal einer „Artificial General Intelligence“ noch in der Ferne.
Ein bemerkenswertes Ereignis in der KI-Szene war die Vorstellung des chinesischen Start-ups DeepSeek, das ein leistungsstarkes KI-Modell präsentierte, das zu einem Bruchteil der Kosten US-amerikanischer Konkurrenzprodukte entwickelt wurde. Laut Experten wurde für die Entwicklung dieses Modells zunächst erhebliches Kapital investiert, um sicherzustellen, dass es technisch machbar war. Die Möglichkeit, dass ähnliche Initiativen in Europa entstehen, ist vorhanden.
In der jüngsten Evolution der KI sieht Hochreiter einen Übergang von groß angelegten, ressourcenintensiven Modellen hin zur Industrialisierung der KI, wobei kleinere spezialisierte Modelle zunehmend an Bedeutung gewinnen. Diese Modelle müssen nicht umfassend informiert sein, sondern können sich auf spezifische Anwendungsszenarien konzentrieren. Dies eröffnet viele Chancen für europäische Unternehmen in der Produktion und Logistik.
Im Rahmen der Initiative „excellent=austria“ wurden vom Wissenschaftsfonds FWF und dem Bildungsministerium neun Exzellenzcluster ins Leben gerufen, darunter der Cluster „Bilateral AI“, mit einer Förderung von 33 Millionen Euro. Diese Initiative ist auf fünf Jahre angelegt und könnte bei positiver Evaluierung auf zehn Jahre mit insgesamt 70 Millionen Euro verlängert werden.
Insgesamt zeigt sich, dass die Forschung im Bereich der KI auf dem richtigen Weg ist, gerade in der Zusammenarbeit vielfältiger Institutionen. Die Entwicklung von Broad AI könnte nicht nur technische Durchbrüche bringen, sondern auch die Art und Weise, wie wir im Alltag mit Technologie interagieren, grundlegend verändern.