Um die Perspektive eines Bim-Lenkers besser nachzuvollziehen, tauschen Fahrlehrer das Auto gegen eine Straßenbahngarnitur. So sollen wertvolle Einblicke in das Fahrverhalten eines bis zu 65 Tonnen schweren Fahrzeugs gewonnen werden. Das Wissen wird an die Fahrschüler weitergegeben, um so die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern.
WIEN. Um Fahrschülerinnen sowie Fahrschüler künftig noch besser auf den Stadtverkehr vorzubereiten, haben die Wiener Linien gemeinsam mit den Wiener Fahrschulen ein innovatives Ausbildungsprojekt gestartet.
Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer nehmen im Cockpit einer Straßenbahn Platz, um zu erleben, wie sich diese tonnenschweren Fahrzeuge durch dichten Stadtverkehr bewegen. Karl Schlosser, Obmann der Wiener Fahrschulen, betont: „Wir alle können durch gegenseitige Rücksicht den Straßenverkehr jeden Tag ein Stück weit sicherer machen. Ein Perspektivenwechsel hilft uns, andere besser zu verstehen.“ Dies ist besonders wichtig, da Straßenbahnen in Wien oft in engen und verkehrsreichen Gegenden operieren.
Unterschätzte Aspekte im Verkehrsalltag
37 angehende Fahrlehrerinnen und -lehrer aus mehreren Wiener Fahrschulen nutzen die Gelegenheit, unter Anleitung erfahrener Ausbilder der Wiener Linien entlang der Ringstraße eine Straßenbahngarnitur zu steuern. Sie gewinnen so wertvolle Einblicke in das Fahrverhalten eines bis zu 65 Tonnen schweren Fahrzeugs. Viele Fahranfänger unterschätzen die Tatsache, dass eine Straßenbahn einen deutlich längeren Bremsweg hat und im Falle eines Notfalls eingeschränkte Ausweichmöglichkeiten auf den festen Gleisen bestehen.
Schlosser fügt hinzu: „Dieses Wissen aus erster Hand können unsere Fahrlehrer ihren Fahrschülern noch anschaulicher vermitteln. Das erhöht die Sicherheit auf Wiens Straßen erheblich. Wenn ich als Fahrschüler lerne, wie viel Platz eine Straßenbahn zum Abbremsen benötigt, werde ich nicht zu nah an ihr vorbeifahren.“ Dies zeigt, wie wichtig realitätsnahe Schulungen sind.
500 Garnituren täglich unterwegs
Straßenbahnen stellen im Stadtverkehr besondere Anforderungen: Sie fahren teils entgegen der Einbahn, haben starre Fahrwege und reagieren durch ihre Masse deutlich träger als Autos. Die Wiener Linien setzen mit dieser Aktion darauf, ein größeres Verständnis und mehr Rücksichtnahme im Straßenverkehr zu fördern.
Wien verfügt über das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt. Rund 500 Garnituren sind täglich auf 28 Linien unterwegs und legen insgesamt etwa 66.000 Kilometer zurück, während sie rund 800.000 Fahrgäste befördern. Zudem gibt es in Wien derzeit 72 Fahrschulen mit etwa 180 Fahrlehrerinnen und -lehrern. Neben der klassischen Führerscheinausbildung bieten sie auch spezialisierte Kurse an, wie etwa für die sichere Nutzung von E-Bikes und E-Scootern, was besonders im Frühling stark nachgefragt wird.
Das könnte dich auch interessieren:
Barock-Klänge im Verkehrsmuseum der Wiener Linien
Wiener Linien ersetzen Hälfte ihrer Funkwägen
Wiener Linien testen erstmals neuartigen Wasserstoffbus aus