Warum die Praxis die Theorie übertrifft: Die Macht der Erfahrung


Als ich mich auf dem Parkplatz umziehe und meinen Fuß mit einer weiteren Schicht Kinesio-Tape einrolle, überkommt mich eine Welle der Erleichterung: Das Tape hält und ich kann mich – fast gänzlich schmerzfrei – zur Startlinie des Marathons bewegen. Die Zweifel sind größtenteils abgelegt, und ich bin bereit für die Herausforderung, die vor mir liegt. Die Vorfreude auf das Rennen vermischt sich mit einer gesunden Portion Nervosität, als das Startsignal ertönt.

Die ersten Kilometer

In den ersten fünf Kilometern laufe ich – wie gewohnt – langsam und mit kleinen, kontrollierten Schritten. Ich weiß, was passiert, wenn ich es gleich zu Beginn übertreibe, und möchte die schmerzhafte Erfahrung aus dem Ultramarathon im Januar nicht wiederholen. Zudem muss ich darauf achten, niemanden von den unzähligen anderen Läufern umzurennen – die Strecke ist an manchen Stellen recht eng.

Der Höhepunkt des Rennens

Mein Kraft- und Ausdauerhöhepunkt liegt zwischen Kilometer sechs und fünfzehn. Ich finde mein Tempo und kann sogar die Verletzung in meinem Fuß ignorieren. Sogar mein immer wieder krampfender rechter Zehenbeuger hält sich zurück. Plötzlich habe ich Freude am Laufen – ein Gefühl, das ich bei einem Marathon zuvor noch nie hatte. Das ist mein Moment.

Die Realität trifft ein

Aber die Freude währt nicht lange. Meine Euphorie hält nicht bis zur Halbmarathon-Marke, die ich in unter zwei Stunden erreiche. Dennoch merke ich an meinem Körper, dass die Müdigkeit langsam einsetzt. Trotzdem beschließe ich, mein Tempo zu steigern und mein Ziel auf 30 Kilometer zu setzen. Wie im Vorjahr gönne ich mir erst nach diesem Meilenstein eine kurze Gehpause, um psychischen Druck zu vermeiden.

Ein unerwartetes Hindernis

Ein weiteres Problem zeichnet sich ab: Magenkrämpfe, die zuerst leicht waren, werden stärker. Irgendetwas muss raus, und schließlich kann ich es nicht mehr ignorieren. Ein kurzer Stopp an der Läufertoilette ist unumgänglich.

Der mentale Kampf

Als ich wieder auf die Strecke zurückkehre, klopft mein Herz unnachgiebig, und Schweiß läuft mir von der Stirn. Die letzten Kilometer beginnen jetzt. Anstrengung und Schmerzen setzen ein, und ich beginne, meinen Sinn zu hinterfragen. Warum tue ich mir das an? So viele Fragen schießen mir durch den Kopf. Ich versuche, mich an meinen ursprünglichen Antrieb zu erinnern: Weil ich es kann. Doch in der Hitze des Gefechts fange ich an, an meiner Motivation zu zweifeln.

Der entscheidende Schritt

Über Kilometer 35 hinweg muss ich all meine Kraft mobilisieren – meine Muskulatur schreit nach Ruhe. Ich jogge nur noch langsam, fühle mich erschöpft und möchte einfach aufhören. Doch dann erinnere ich mich an die vielen Zuschauer, die uns anfeuern, und an meine Mitläufer, die ich vielleicht inspirieren kann. Genau darum geht es. Ich laufe weiter, unaufhörlich, Schritt für Schritt.

Das große Ziel erreichen

Nach 04:30 Stunden stehe ich schließlich am Ziel und kann nicht glauben, dass ich es geschafft habe. Trotz der Erleichterung überkommt mich die Erschöpfung, während ich mich bemittleidige und den Schwindel spüre. Reloading und in einer Ecke forme ich mich zum Stehen auf. Der Schmerz ist präsent und ich muss darauf achten, nicht zu stürzen. Auf meinem Weg habe ich nicht nur meine Ausdauer, sondern auch eine tiefere Intimität mit mir selbst gefunden. Was ist passiert? Was normalerweise euphorisch war, wird nun hinterfragt – es ist der Marathon meines Lebens.



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