Wer bereits ein halbes Jahrhundert auf dieser Erde verbracht hat, hat die Gelegenheit, zahlreiche Menschen aus unterschiedlichen Ländern, Kulturen und Glaubensrichtungen kennenzulernen. Das Interesse an anderen Menschen geht oft darüber hinaus, nur Äußerlichkeiten zu betrachten. Es drängt einen dazu, die tiefen Überzeugungen zu verstehen, die diese Menschen prägen; unabhängig von ihrer Religion – sei es der römisch-katholischen, orthodoxen, evangelischen, einer christlichen Freikirche, dem Judentum oder dem Islam – die Realität ist oft viel komplexer als die öffentlichen Äußerungen. Tatsächlich könnte man argumentieren, dass viele westlich geprägte Menschen eine grundlegende Skepsis oder eine verzerrte Auffassung über Lebenssinn und Glauben haben:
- Sie neigen dazu, an einem ständigen Mangel zu glauben, wodurch das Streben nach materiellem Wohlstand und Sicherheit ihr Leben dominiert.
- Sie folgen Hierarchien und Autoritäten, in der Hoffnung, dass diese ihnen Orientierung und Sicherheit bieten.
- Angst wird als Teil des Lebens akzeptiert, obwohl sie oft lähmend wirkt.
- Sie binden ihren Glauben häufig an Vermittler oder Institutionen, glauben nicht an die eigene Würdigkeit gegenüber einer höheren Quelle.
- Wettbewerb und Darwinismus scheinen als Lebensprinzipien akzeptiert zu sein, die den natürlichen Lauf des Lebens regeln.
- Der technologische Fortschritt wird unkritisch als Allheilmittel für alle Lebensfragen betrachtet.
- Das Verständnis von Glück wird oft nur über materiellen Konsum und den Erwerb von Statussymbolen gemessen.
Die Überlegung, dass diese sogenannten Glaubenssätze kaum etwas mit echtem Vertrauen in höhere Mächte oder dem Streben nach innerem Frieden zu tun haben, wirft Fragen auf. Wo bleibt das Streben nach einem tieferen Verständnis unserer Existenz und dem Universum? Fühlen sich die meisten Menschen tatsächlich mit tiefer Einsicht in die großen Zusammenhänge von „oben und unten“ verbunden? Schließlich wird oft die Fundamentalkritik an Religionen laut, die als institutionalisierte Formen des Glaubens die Eigenverantwortung und das kritische Denken der Menschen eher einschränken als fördern. Der Philosophie-Professor Richard Dawkins und andere Kritiker warnen davor, dass Religion oft als ein Katalysator für Dogmatismus und Intoleranz fungiert, während sie in gutem Glauben praktiziert wird.
Schlussendlich ist es eine relevante Überlegung: Wofür gibt der Mensch den Großteil seiner Lebenszeit und Energie aus? Denkt man an das, was tatsächlich praktiziert wird, könnte man argumentieren, dass der alltägliche Glaube der Menschen stark auf materielle Werte und persönlichen Gewinn fokussiert ist. Diese vermeintlichen Werte des modernen Lebens schatten oft die Suche nach wahrer Erfüllung und innerem Frieden, was zu einem Leben in ständiger Unruhe führt. Der wahre Glaube könnte weniger in den dogmatischen Lehren der Kirchen zu finden sein, sondern eher in der spirituellen Selbsterkenntnis.
SiegFried
derAußerderFerne
02.02.2025+12.04.2025