Wien im Wandel: Vom Choleragraben zum modernen Kanalnetz


Die Glosse „Wie Wien war“ bietet einen unterhaltsamen Blick auf die Geschichte Wiens. In dieser Ausgabe steht die Cholera im Fokus und wie dieser verheerende Ausbruch wesentliche Verbesserungen in der Hygiene bewirkte, die letztlich den Grundstein für das moderne Kanalnetz der Stadt legten.

WIEN. Das 18. Jahrhundert war für Wien eine herausfordernde Zeit. Die Bevölkerung wuchs rapide: Während um 1600 noch etwa 50.000 Menschen in der Stadt lebten, war diese Zahl bis 1800 auf 260.000 angewachsen. Diese rasante Urbanisierung trug wesentlich zur Verbreitung von Krankheiten bei, darunter die Cholera, die im August 1831 in Wien auftauchte und hier ein Jahr lang wütete. In den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu Ausbrüchen, mit katastrophalen Folgen für die Bevölkerung: 1836, 1849, 1854/55, 1866 und 1873 forderte die Seuche rund 18.000 Menschenleben in Wien.

Cholera-Bakterien gedeihen besonders gut in stehenden Gewässern. Der Wienfluss, der als Hauptabwasserkanal diente, führte dazu, dass verschmutztes Wasser in die Donau und anschließend ins Grundwasser gelangte. Dies wiederum führte dazu, dass die Menschen infiziertes Wasser tranken und gleichzeitig Krankheiten über verdorbene Nahrungsmittel verbreitet wurden. Solche hygienischen Missstände waren in der schnell wachsenden Stadt Alltag.

„Cholerakanal“ am Wienflussufer

Bereits im Jahr 1831 setzte man in Wien den ersten Schritt zur Verbesserung der hygienischen Verhältnisse und begann mit dem Bau der sogenannten „Hauptunratskanäle“. Bis 1842 wurde ein umfangreiches Kanalnetz über die Stadt und ihre Vorstädte gespannt. Die wichtigsten Kanäle, die am rechten (1831-1834) und am linken (1836-1839) Wienflussufer verlegt wurden, erhielten den Beinamen „Cholerakanäle“.

Der Wienfluss diente als Spülwasserquelle für die neuen Kanäle, was jedoch Herausforderungen mit sich brachte. Bei zu geringem Wasserstand kam es zum Gestank, während ein Übermaß an Spülwasser verunreinigte Quellen und Brunnen noch weiter beeinflusste. Der Bereich zwischen dem Linienwall (Gürtel) und dem Donaukanal wurde so zu einem biologischen Risiko, da Fische dort nicht überleben konnten. Erst durch die Eingemeindung der Vorstädte, regulative Maßnahmen an Donau und Wienfluss sowie den Bau der Stadtbahn konnten die angestrebten hygienischen Standards erreicht werden.

Die Verheissung der Hygiene führte nicht nur zur Bekämpfung von Cholera und ähnlichen Epidemien, sondern transformierte auch das Stadtbild und das Bewusstsein der Bevölkerung für gesundheitliche Belange.

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