Wiener Anlaufstellen: Forderung nach zusätzlicher Unterstützung für „Care Leaver“


Care Leaver, auch Personen, die ihre Kindheit in Pflegefamilien oder staatlichen Einrichtungen verbracht haben, stehen oft vor großen Herausforderungen im Erwachsenenleben. In Wien existieren zwar Beratungsstellen, doch für Experten und Organisationen wie SOS-Kinderdorf ist das nicht ausreichend. Es werden Unterstützungsmaßnahmen über das 18. Lebensjahr hinaus gefordert.

WIEN. Immer wieder geraten Kinder aus verschiedensten Gründen in die Obhut von Pflegefamilien, staatlich betreuten Einrichtungen oder Organisationen wie SOS-Kinderdorf. Ihnen wird Unterstützung geboten – zumindest bis zur Volljährigkeit. Der anschließende Übergang in ein selbstständiges Leben stellt für viele dieser sogenannten „Care Leaver“ eine erhebliche Herausforderung dar.

SOS-Kinderdorf lässt zwei ehemalige Schützlinge, Daniel und Tina, über ihre Erfahrungen berichten. Beide hatten schon früh schwierige Lebenssituationen zu bewältigen und wissen, wie wichtig eine helfende Hand ist. Sie wurden über das Jugendamt ins SOS-Kinderdorf vermittelt und mussten sich in einem neuen Umfeld eingewöhnen.

Schützlinge berichten von ihren Erfahrungen

„Ich war knapp 13 Jahre alt und gehörte zu den ersten, die in die WG Schönbrunn einziehen durften. Zu Beginn waren wir vier Jugendliche, später acht. Es war eine große Umstellung, aber ich habe dort Zusammenhalt gelernt – etwas, das ich vorher nie hatte“, erinnert sich Tina. Auch Daniel schildert die Herausforderungen, die mit der Eingewöhnung in neue Umgebung und neue Menschen verbunden waren: „Man musste sich anpassen, Beziehungen aufbauen – das war nicht immer einfach. Aber mit der Zeit fühlte sich die WG wie eine zweite Familie an.“

Immer wieder landen Kinder aus unterschiedlichsten Gründen in die Obhut von Pflegefamilien, staatlich betreuten Einrichtungen – oder auch bei NGOs wie SOS-Kinderdorf. | Foto: Gerhard Berger / SOS-Kinderdorf

Laut SOS-Kinderdorf ist die Vorbereitung auf ein eigenständiges Leben ein zentraler Bestandteil der Betreuung. „Wir haben gelernt, Verantwortung zu übernehmen“, erklärt Daniel und beschreibt seinen Alltag im Kinderdorf, wo die Hausarbeit und Aktivitäten wie Kochen und Putzen großgeschrieben wurden. „Dabei wurde auf unsere Schul- oder Arbeitszeiten Rücksicht genommen. Das hat uns auf die Zukunft vorbereitet“, fügt der Care Leaver hinzu.

„Sprung ins kalte Wasser“

Der Wechsel vom Wohngruppenleben zu betreutem Wohnen stellte für Tina eine Herausforderung dar. „Das war ein Sprung ins kalte Wasser“, gesteht sie ein. Besonders die finanzielle Eigenverantwortung war anfangs schwierig. „Aber die Betreuer*innen waren immer für uns da.“

Um jungen Menschen im späteren Leben Unterstützung in Form von Rat zu bieten, gibt es verschiedene Anlaufstellen in Wien. So können sie sich von der MA 11 – Kinder- und Jugendhilfe, der Volkshilfe Wien und SOS-Kinderdorf beraten lassen. Dafür können sie auf sogenannte Beratungs-Gutscheine zurückgreifen, die seit 2023 verfügbar sind.

Mit Beratung allein sei es jedoch nicht getan. Es wird auf zusätzliche Maßnahmen gedrängt, um den jungen Erwachsenen zu helfen. (Symbolbild) | Foto: Imani Clovis / Unsplash.com

Die Kinder- und Jugendhilfe übernimmt die Kosten für bis zu 45 Beratungsstunden. In diesen Terminen erhalten die Care Leaver hilfreiche Antworten auf alltägliche Fragen sowie Unterstützung in Krisensituationen. Zudem haben sie die freie Wahl, wo sie sich beraten lassen möchten – unabhängig davon, bei welcher Trägerorganisation sie zuvor Unterstützung erhalten haben. Das Beratungsangebot steht ihnen bis zu ihrem 24. Lebensjahr offen.

Forderung nach erweiterter Unterstützung

„Unser System ist oft auf funktionierende Familiensysteme ausgelegt. Care Leaver können darauf nicht zurückgreifen. Daher ist es wichtig, dass wir auch nach der Volljährigkeit ansprechbar bleiben“, betont Martina Wiener, Sozialpädagogin und Beraterin für Care Leaver.

Doch allein durch Beratung ist es nicht getan. Es wird auf weitere Maßnahmen gedrängt, um den jungen Erwachsenen zu helfen. Da das bestehende System zurzeit nur begrenzte Unterstützung für junge Erwachsene ohne familiären Rückhalt bietet – zum Beispiel bei psychischen Problemen oder der Wohnungsfindung – fordert Wiener eine Verlängerung der Betreuungsangebote in WGs, Pflegefamilien oder betreutem Wohnen bis zum 24. Lebensjahr.

Anlaufstellen für Care Leaver in Wien findest du hier.
Weitere Informationen sind außerdem hier erhältlich.

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